- George W. Bush: 43. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika
- George W. Bush: 43. Präsident der Vereinigten Staaten von AmerikaGeorge W. (»Walker«) Bush, geboren 1946, ist seit dem 20. Januar 2001 der 43. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Nach einer beispiellosen Nachzählung von Stimmen in Florida aufgrund der hauchdünnen Mehrheit für Bush hat das Oberste Gericht den Republikaner durch vorzeitige Beendigung der Handnachzählung, die einen zunehmenden Stimmgewinn für seinen Kontrahenten Gore ergab, zum Sieger der Wahl erklärt. Der ehemalige Gouverneur von Texas, dessen Vater von Bill Clinton als Präsident abgelöst wurde, bringt für seinen neuen Posten zwar wenig außenpolitische Erfahrung mit, kann aber auf zahlreiche unter seinem Vater altgediente Berater zurückgreifen. Innenpolitisch steht Busch für Reformen im Sozial- und Bildungswesen und vertritt in der Strafverfolgung eine harte Linie.Vor der PolitikGeorge W. (»Walker«) Bush kam am 6. Juli 1946 in New Haven, Connecticut, als ältestes von sechs Kindern zur Welt. Seine mitunter »Kennedys der Rechten« genannte Familie zählt zu den großen Politikerdynastien der Neuen Welt: Vater George war zwischen 1989 und 1993 der 41. Präsident der USA, Großvater Prescott zwischen 1952 und 1962 Senator für Connecticut, und Bruder Jeb zeichnet seit 1998 als Gouverneur von Florida verantwortlich. George W. Bush besuchte die High School in Midland, Texas, wo sein Vater als Inhaber der Zapata Petroleum Corporation Millionen im Ölgeschäft verdiente. Danach wechselte er in ein Internat in Massachusetts. 1968 ging er von der Yale University ab und machte anschließend bei der National Gard eine Ausbildung zum Piloten, wodurch ihm ein Kriegseinsatz in Vietnam erspart blieb. Von 1973 bis 1975 besuchte er erfolgreich die Harvard Business School; danach versuchte er sich, wenngleich ungleich glückloser als der Vater, elf Jahre lang in der freien Wirtschaft. Seit 1977 ist er mit Laura Bush, geborene Welsh, verheiratet. 1982 wurden ihre Kinder, die Zwillinge Jenna und Barbara, geboren.Gouverneur von TexasAb 1986 arbeitete Bush als Redenschreiber und Berater für seinen Vater. Als dieser ins Weiße Haus eingezogen war, kehrte der Sohn ins protestantische Texas zurück. Dort finanzierte er die »Texas Rangers«, ein legendäres Baseball-Team, und machte sich für einen Stadionneubau in Dallas stark, was ihm viele Sympathien in der Bevölkerung einbrachte. 1993 gab er schließlich seine Kandidatur für den Gouverneursposten in Texas bekannt. Dank seiner populären Versprechungen, das Bildungs- und Sozialwesen zu reformieren und die Jugendkriminalität mit aller Härte anzugehen, wurde er im November 1994 Nachfolger der Demokratin Ann Richards. Gelegentliche Veröffentlichungen über unseriöse Geschäfte der Familie konnten Bushs politischer Karriere nichts anhaben. Im Gegenteil: Insbesondere eine hohe Integrationskraft und ein effizienter Führungsstil wurden dem Gouverneur, der als jovial und pragmatisch, fromm und schlau galt, attestiert. Detailfragen hingegen waren seine Sache nicht; er gat vielmehr als »Spezialist für graduelle Veränderungen«. Schon in den ersten Jahren seiner Amtsübernahme konnte er einige seiner Wahlkampfversprechungen umsetzen: In den Schulen wurden strenge Eignungstests eingeführt, das Jugendstrafrecht wurde verschärft, die Sozialhilfe gekürzt und die Wirtschaft gegen überzogene Schadensersatzforderungen geschützt. Andererseits lasten ihm seine Gegner die unerbittliche Linie hinsichtlich der Todesstrafe an. In keinem Bundesland sind so viele Todesurteile verhängt und vollstreckt und so wenige Todeskandidaten begnadigt worden (Bush unterzeichnete während seiner Amtsperiode rund 150 Hinrichtungsbefehle). Doch in seinem gleichermaßen reaktionären wie innovativen Staat florierten Wirtschaft und Gemeinwesen, und spätestens seit dem Beginn seiner zweiten texanischen Amtsperiode im November 1998 wurde er als aussichtsreichster Kandidat der Republikaner für das Präsidentenamt gehandelt.Präsidentschaftskandidat der RepublikanerAm 13. Juni 1999 kündigte George W. Bush an, als Kandidat der Republikaner ins Rennen um die US-amerikanische Präsidentschaft zu gehen. Zunächst ist er, der für eine freundliche Rechte und einen »compassionate conservatism« (mitfühlender Konservatismus) steht, der mit Abstand aussichtsreichste Bewerber der Republikaner, und auf der ersten wichtigen Etappe des Wahlkampfs, der Parteiversammlung in Iowa am 24. Januar 2000, werden die Spitzenreiter (Al Gore von den Demokraten und George W. Bush von den Republikanern) klar bestätigt. Doch schon wenige Tage später, am 1. Februar 2000, erleidet Bush einen ersten empfindlichen Rückschlag: Bei den Vorwahlen in New Hampshire gewinnt der republikanische Konkurrent John S. McCain mit 49 zu 31% der Stimmen vor Bush. Ihm wird es am 22. Februar 2000 in Michigan ein zweites Mal gelingen, Bush zu überrunden. Anscheinend ist Bush, der einen staatsfernen und antiintellektuellen Ruf hat, im gemäßigten Lager weniger wohl gelitten. Doch am »Superdienstag«, dem 7. März 2000, gehen aus den sechzehn Vorwahlen und Parteiversammlungen zur Nominierung des Präsidentschaftskandidaten sowohl Gore wie auch Bush als Sieger in ihrer jeweiligen Partei hervor. Am 25. Juli 2000 ernennt Bush den ehemaligen Verteidigungsminister Richard B. Cheney zu seinem Vizepräsidentenkandidaten. Seine eigene Nominierung wird am 2. August 2000 in Philadelphia offiziell bekannt gegeben. In der Außenpolitik verursacht Bush, der bisher wenig herumgekommen ist und bei globalen Fragen den Blick stets nach innen richtet, zum ersten Mal Aufsehen, indem er dem Internationalen Währungsfond (IWF) und dem früheren russischen Ministerpräsidenten, Wiktor S. Tschernomyrdin, vorwirft, gemeinsam Gelder in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben. Ihm droht eine Verleumdungsklage vonseiten Tschernomyrdins. Und ein innenpolitischer Skandal folgt auf dem Fuße: Am 2. November 2000, kurz vor der Präsidentschaftswahl, deckt ein amerikanischer Fernsehsender auf, dass Bush nach einem Barbesuch vor vierundzwanzig Jahren wegen Trunkenheit am Steuer in Maine festgenommen worden sei. Bush, der »easy going guy«, bedauert diesen Vorfall wie auch Gerüchte über den Konsum von anderen Drogen (»Als ich jung und unverantwortlich war, war ich eben jung und unverantwortlich«). Er habe seit seinem vierzigsten Geburtstag keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt und sei in Midlands First United Methodist Church zu einem tiefgläubigen Christen geworden, lautet seine »persönliche Leidensgeschichte«, mit der er eine Brücke zwischen einem wohlhabenden, privilegierten Mann und Menschen in Armut zu schlagen versucht.WahlergebnisseAm 7. November 2000 wählt Amerika seinen Präsidenten. Nachdem 98% der Stimmen ausgezählt sind und eines der knappsten Ergebnisse in der Geschichte vorliegt, meint Bush, die Wahl gewonnen zu haben. Vorschnell gratulieren ihm Gore, der die Wahl des Konkurrenten damit anerkennt, und verschiedene internationale Staatsmänner. Doch Gore nimmt das Eingeständnis seiner Niederlage wieder zurück, als bekannt wird, dass Bush in Florida, dessen Wahlmännerstimmen den Ausgang der Wahl entscheiden, nach erster Zählung mit rund 1 800 Stimmen nur knapp vor Gore liegt. Nun müssen die Stimmen gemäß dem Wahlgesetz von Hand nachgezählt werden. Am 26. November 2000 erklärt die republikanische Staatsministerin Floridas, Katherine Harris, den Republikaner mit 537 Stimmen Vorsprung als Sieger der Präsidentschaftswahl. Doch Al Gore ficht das Ergebnis vor Gericht an — ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Nachdem der Supreme Court, das Oberste Gericht der USA, in einem knappen Urteil (fünf zu vier Stimmen) die Beendigung der Nachzählung in Florida verfügt und damit den wochenlangen Wahlkrimi beendet hat, erkennt Gore George W. Bush als 43. Präsident der Vereinigten Staaten an (»um der Einheit unseres Volkes und der Stärke unserer Demokratie willen«) und sichert ihm darüber hinaus seine volle Unterstützung zu. Am 17. Dezember 2000 nominiert der designierte Präsident Colin L. Powell zum Außenminister, dem ersten Afroamerikaner in diesem Amt, und als Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, ausgewiesene Russland-Expertin und Professorin für Politik. Einen Tag später wird Bush vom Wahlmännergremium mit 271 zu 266 Stimmen zum neuen Präsidenten gewählt. Am nächsten Tag tritt er als texanischer Gouverneur zurück; in dieser Position folgt ihm Rick Perry nach.Kopf einer WeltmachtAm 20. Januar 2001 wird George W. Bush um die Mittagszeit als 43. Präsident vor dem Kapitol in Washington vereidigt. In seiner Antrittsrede — einer der kürzesten — ging er kaum auf Details seines Regierungsprogramms ein; vielmehr beschwor er traditionsgemäß amerikanische Tugenden wie Mut und Mitgefühl. Ferner kündigte er Steuersenkungen und Schulreformen an. Von einer stärkeren Einbindung der Demokraten als Reaktion auf die dramatische Wahl war — entgegen seiner Ankündigung — nun nicht mehr die Rede. An der anschließenden Inaugurationsparade durch Washington, die von immensen Sicherheitsvorkehrungen begleitet wurde, nahmen beinahe genau so viele Demonstranten wie Anhänger Bushs teil. Bei einem Vorsprung von landesweit 540 000 Stimmen für Al Gore sind nur 41% der US-Bürger der Ansicht, dass Bush überhaupt ein Mandat für den Posten des Präsidenten besitze. Sein Kabinett setzt sich aus etlichen »Bushies« zusammen, ehemaligen Mitgliedern des Kabinetts von Bush Senior — vornehmlich potente Wirtschaftsbosse der Old Economy und bewährte Militärs. Programmatisch wird ihm, dem »netten Kerl«, nachgesagt, er wolle »die Politik aus dem Leben der Leute heraus halten« und ein rückwärts gewandtes Alt-Amerika beschwören. So zeugt sein designierter Justizminister und früherer Gouverneur von Missouri, der höchst umstrittene John Ashcroft, von Bushs Haltung, Lobbyisten vielerlei Couleur zu bedienen und gleichzeitig guten alten Zeiten zu huldigen, denn Ashcroft lehnt sich als Mitglied der fundamentalistischen »Assemblies of God«, einer der kompromisslosesten protestantischen Kirchen Amerikas, gegen schwer erkämpfte Rechte der Moderne auf. Und auch eine der ersten Amtshandlungen Bushs löste sofort eine Kontroverse aus: Am 28. Jahrestag der Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen durch das Oberste Gericht verbot Bush der Entwicklungshilfebehörde AID die Vergabe von Geldern an internationale Organisationen, die bei Schwangerschaftsberatungen auch Abtreibungen als Möglichkeit in Betracht ziehen. Außenpolitisch scheint er den Ehrgeiz seines Vorgängers Clinton, die Friedensbemühungen im Nahen Osten voranzutreiben, nicht zu teilen. Und auf dem Balkan dürfte ein Rückzug der US-amerikanischen Truppen unter Bush nur eine Frage der Zeit sein, lautet sein Credo doch, sich nicht in »Nationen-Bildungen« einzuschalten und nur »vitale Interessen« zu verfolgen. Mit der Wahl seines Vizes Cheney, einem eloquenten und gebildeten Politiker, der Bush möglicherweise den Rang ablaufen könnte, und seiner (außenpolitischen) Berater hat der neue Präsident versucht, Defizite wie mangelnde Wortgewandtheit oder Weltläufigkeit wettzumachen.Molly Ivins und Lou Dubose: Shrub. The short but happy political life of George W. Bush. New York 2000.Petra Pinzler und Günther Wessel: George W. Bush — Wende in Amerika. Reinbek 2001.
Universal-Lexikon. 2012.